KOLUMNE

Die Karl-Kolumne ergänzt die Printausgabe des Karl. Die Kolumne präsentiert Rezensionen aktueller und alter Schachbücher, Betrachtungen über die Literatur, Kultur und Psychologie des Schachs und gelegentliche Kommentare zum aktuellen Schachgeschehen.

 

TAKTIK FÜR EINSTEIGER

Von Frank Roeberg

Unbestritten stellt die intensive Beschäftigung mit Schachtaktik für jeden emporstrebenden Spieler eine der erfolgversprechendsten Methoden zur Verbesserung seiner Spielstärke dar. Der Markt ist mit entsprechenden Lehrmitteln durchaus gut versorgt, aber auch hier ist nicht alles Gold was glänzt. Ein kritischer Blick auf zwei unterschiedliche Trainingsansätze mag heute den lernwilligen Leser etwas bei der Orientierung helfen.

Frank Oltmans „de la Maza-Training für Einsteiger“ und
“ de la Maza-Training für Einsteiger bis Klubspieler“

Maze-Taining für Einsteiger Cover

Frank Oltman,
de la Maza-Training für Einsteiger,
(Aufgaben- u. Lösungsheft), 1000 + 8 Aufgaben
146 Seiten, geheftet, 2007,
18 Euro

Maze-Taining für Klubspieler Teil 1 Cover
Maze-Taining für Klubspieler Teil 2 Cover

Frank Oltman,
de la Maza-Training für Einsteiger bis Klubspieler
(Aufgaben- u. Lösungsheft) 1000 + 8 Aufgaben
146 Seiten, geheftet, 2007,
18 Euro

(Das Belegexemplar wurde  freundlicherweise von der Firma Niggemann zur Verfügung gestellt.)

Das de la Maza-Training geht auf den amerikanischen Amateur Michael de la Maza zurück, der sich in einer Art taktischen Zirkeltrainings 1000 Aufgaben in möglichst kurzer Zeit zur Bearbeitung vorlegte und dieses Prozedere ganze sechsmal wiederholte. Ich will hier gar nicht erst die Frage aufwerfen, inwieweit ein unerfahrener Spieler effektive Trainingsmethoden entwickeln kann, sondern lieber gleich einen Blick auf Frank Oltmanns Aufgreifen dieses Ansatzes werfen. In der Tat bekommen wir in beiden Heften je 1000 Taktikaufgaben geliefert, die wir gnädigerweise aber nur dreimal bearbeiten sollen. Pardon, ich korrigiere: 1008 Aufgaben, denn Oltmann möchte uns nach eigener Ausage vorsichtshalber für eventuelle Fehler in den Diagrammen entschädigen, da es bei der Erstellung von Schachmaterialien leider keine Tools wie etwa eine Wordkorrektur gibt. Diese scheint er allerdings auch bei der Verfassung des Einleitungstextes nicht benutzt zu haben. Ich will jetzt nicht auf Rechtschreibfehlern rumhacken oder den Umstand anprangern, dass die Titeldiagramme auf dem Klubspielerband nicht mit den Lösungen übereinstimmen, aber etwas mehr Mühe könnte man sich mit der Gestaltung schon geben.

Oltmann formuliert den Anspruch, dass sich die Aufgaben im Schwierigkeitsanspruch zwar steigern sollen, aber insgesamt doch einem bestimmten Spielstärkeniveau angepasst sein müssen. Genau an dieser Aufgabe scheitert er allerdings im zuerst erschienen Band für Einsteiger bis Klubspieler. Nicht ganz unerwartet, denn Einsteiger unterscheiden sich nun einmal von Klubspielern. Vielleicht war dies einer der Gründe, noch den Band für Einsteiger nachzulegen – hier ist das Aufgabenniveau tatsächlich homogener und eher auf einen Schachanfänger abgestimmt. Der Einsteigerband ließe sich z.B. im Schulschachbereich einigermaßen gut verwenden.

Unbequem bleibt das Ganze aber doch, denn die geforderte Aufgabenkontrolle bedingt das ständige Nachschlagen im Lösungsband. Überdies vermisse ich jegliche Motivstrukturierung der Aufgaben – es handelt sich um eine rein zufällige Zusammenstellung von Taktikaufgaben. Ein Schachbuch sollte m.E. gerade diese Aufgabe erfüllen: dem Leser Ordnung in die Materialfülle bringen.

Insgesamt hinterlassen beide Hefte einen recht lieblosen Eindruck. Ich empfinde es beispielsweise als ungehörig, Diagrammsammlungen zu veröffentlichen, ohne die Partienquelle anzugeben. Oder sollte sich Oltmann alle Stellungen selbst ausgedacht haben?

FAZIT

Wer dringend Taktikaufgaben sucht, mag sich der Hefte annehmen. Mehr als eine beliebige Materialsammlung ist es nicht, Eigenleistung des Autors gleich Null.

 

Vsevolod Kostrov
How Well Do I Play Chess, 3 Bände
1. Bd.: Gambits
2. Bd.: Open Games
3. Bd.: Semi-Open Games
Sprache: Englisch
je 88 Seiten, kartoniert, 2007,
je 9,99 Euro

(Das Belegexemplar wurde  freundlicherweise von der Firma Niggemann zur Verfügung gestellt.)

 

Vsevolod Kostrovs „How well do I play Chess?“

Vorweg sei gesagt, dass die Untertitel dieser drei Werke leicht irreführend sind – es handelt sich hier nicht um Eröffnungsbetrachtungen. Vielmehr bekommen wir vom Autor jeweils 10 Testpartien geliefert (im Gambitband sind es sogar 11), in denen der Leser ab einem bestimmten Zeitpunkt selbständig Züge zu finden hat und für die Übereinstimmung mit den Partiezügen bepunktet wird. Die Partien haben allesamt einen ausgeprägt taktischen Charakter und dienen somit dem Training in diesem Bereich.

Kostrov hat dabei insbesondere das Jugendtraining im Auge. Der Wettkampfcharakter soll hier zu einer gesteigerten Motivation der Jugendlichen beitragen und etwas Abwechslung in den üblichen Frontalvortrag bringen. Tatsächlich habe ich mich schon häufig selbst dieser Methode bedient und dabei gute Erfolge erzielt. Allerdings hat das auch meinen Blick für die Schattenseiten der Sache geschärft. So sollte jeder Jugendtrainer auch bei Kostrovs Bänden eigene Überlegungen bezüglich des Bewertungssystems anstellen, bevor er zur Praxis schreitet. Beispielsweise vergibt Kostrov im Zweispringerspiel 4 Punkte für den Zug 4.Sg5, für andere Züge aber nichts. Ich sage euch, das wird ein großes Geschrei unter den Zöglingen geben! (In das ich auch selbst einstimme, neigte ich doch immer dazu, Punkte für diesen Zug abziehen zu wollen) Auch sollte man die Tests nicht ständig, sondern eher im Rahmen eines gesunden Methodenwechsels anwenden und sich möglicherweise noch ergänzende Wettbewerbsregeln dazu ausdenken.

Ansonsten ist man mit Kostrovs Partiematerial sehr gut bedient. Es handelt sich durchweg um „Perlen der Schachspielkunst“, von berühmten Spielern vorgetragen. Sehr gut gefallen haben mir in diesem Zusammenhang die geschichtlichen Erläuterungen Kostrovs zu den Eröffnungen und den agierenden Schachmeistern – so hat man als Partievorführer auch ein bißchen Erzählmaterial.

Einen kleinen Einwand muß ich aber doch noch gegen die reizenden Bändchen vornehmen: In Kostrovs Bewertungsschlüssel kann man bis zu Meisterehren aufsteigen und tatsächlich müsste man wohl ein solcher sein, um durchgängig positive Ergebnisse in den Tests zu erzielen. Sollte man in seiner Jugendgruppe solche Talente dummerweise nicht vorfinden, ist wohl ein wenig Hilfestellung notwendig, um Erfolgserlebnisse anzusteuern. Der Schönheit der Partien tut dies keinen Abbruch!

FAZIT

Reizvolle Bände in einem gesunden Preis-Leistungs-Verhältnis!