EDITORIAL

LIEBE KARL-LESER,

in Frankfurt nahmen die Bürger seit jeher die Dinge gerne selbst in die Hand. Vieles, was hier entstanden ist und die Zeit überdauert hat, geht auf die Initiative der Bewohner und Stiftungen zurück: Das Städel, der Eiserne Steg, der Zoo oder die Universität. So verwundert es nicht, dass auch im Schach das Mäzenatentum in Frankfurt ein eigenes Kapitel geschrieben hat. Kurt Hechinger hat 25 Jahre lang mit horrenden Summen seine Königsspringer Frankfurt finanziert, die in den siebziger bis in die frühen achtziger Jahre zu den stärksten Teams des Landes zählten. Trotz des Erfolges ist bis heute kaum etwas über diesen Mann bekannt. Und es mag verwundern, warum sich noch niemand zuvor näher mit dieser tragischen Geschichte beschäftigt hat, die in einem Bankrott und mit einem Eklat endete.

Hechinger blieb nicht der einzige schachliche Geldgeber in Frankfurt. In den Neunzigern brachte Arthur Fischer die FTG in die Bundesliga, musste aber nach kurzer Zeit wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten sein Team zurückziehen. Im Gespräch mit Karl berichtet Fischer über seine bewegte Lebensgeschichte, verrät etwas über die Motivationsgründe eines Mäzens, und spricht über Idealismus, neue Ideen und die Grenzen einer One-Man-Show.

Vielleicht auch weil die Frankfurt Bürger durch Handel wohlhabend waren, gelang es schon 1878 die erste große schachliche Veranstaltung in die Mainmetropole zu holen. Damals, als Schachturniere noch rar waren, tagte der 12. Westdeutsche Kongress in der Messestadt. Mit Adolf Anderssen und Louis Paulsen nahmen zwei Schachlegenden teil. Die Diskussionen um einen geeigneten Spielmodus und das freizeitliche Rahmenprogramm, das auf das gesellige Zusammensein abzielte, führen uns zurück in eine Zeit, in der der sportliche Aspekt noch nicht vorrangig war.

Nur wenige Jahre später, 1887, sieht das beim Frankfurter Meisterturnier anders aus. Der 5. DSB-Kongress hatte ein Spitzenfeld an den Main gerufen, das sich mit seinen 21 Teilnehmern zu einer Marathonveranstaltung auswuchs, wie Michael Negele zu berichten weiß. Es gab einen Überraschungssieger und viele sehenswerte Partien, die die Zeit überdauert haben.

Durch seine rege Unterstüzung hat Hans-Dieter Post einen wichtigen Beitrag zum Entstehen dieses Heftes geleistet. Er verfügt wohl über das bedeutendste Archiv zur Frankfurter Schachgeschichte. Als langjähriger Leiter der Frankfurter Stadtmeisterschaft, die zu den ältesten des Landes zählt, hat er viele Biographien der ehemaligen Teilnehmer rekonstruieren können. Sein Artikel ist ein Kaleidoskop, in dem sich die Stadt- und Weltgeschichte widerspiegelt.

IN EIGENER SACHE:
Über 18 Jahre hinweg haben wir unseren Verkaufspreis relativ stabil halten können. Nun aber ist es kaum noch möglich, kostendeckend zu arbeiten. Karl ist bemüht, stets originäre Beiträge zu publizieren, die mit einem nicht unerheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand einhergehen. Um diese Qualität auch künftig beizubehalten, sehen wir uns zu einer Preiserhöhung veranlasst. Ab der Ausgabe 3/2018 werden unsere Einzelhefte 7,50 Euro kosten und ein Jahresabo 28 Euro (ein europäisches Auslandsabo 36 Euro und weltweit 38,50 Euro). Wir bitten unsere Leser um Verständnis.

Harry Schaack