Fragebogen an die Verantwortlichen der BL-Vereine

Torben Denker
(Lübecker SV)

Logo der Schachbundesliga

Sie sind…
2. Turnierleiter. Zusammen mit Eckhard Stompowski Mannschaftsführer der 1. Mannschaft.

Freuen Sie sich auf die kommende Saison?
Auf jeden Fall. Es wird eine spannende Saison, es macht Spaß, man trifft Freunde.

Woher kommt die Motivation für Ihr Engagement?
Schach ist meine große Leidenschaft. In der Bundesliga erlebe ich die Stars hautnah; als Mannschaftsführer bin ich natürlich privilegiert, kann Fragen stellen; aber ohnehin herrscht in Lübeck ein recht familiärer Umgang.

Was macht die BL für Sie attraktiv?
Mein eigener Verein ist dabei und ich habe eine starke Bindung an diesen Verein. Man kann sehr viele Spitzenspieler hautnah erleben und ist vor und nach dem Kampf dichter dran und kommt an seine „Idole“ heran.

Welche Außenwirkung hat die BL, wie wird Sie von Ausland wahrgenommen?
Sie ist das Maß aller Dinge. Viele Spitzenspieler aus aller Welt sagen sich: „In dieser Liga muss man spielen.“ In der Bundesliga zu spielen, verschafft Ansehen, es ist repräsentativ. Aber natürlich auch, weil es hier das meiste Geld zu verdienen gibt.

Wie wichtig ist die BL für das deutsche Schach?
Sie ist ein guter Ansporn, das deutsche Schach in eine andere Richtung zu lenken, professioneller und repräsentativer zu machen. Aber der DSB tut sich mit dem Profisport schwer.

Konservativ gerechnet braucht jede Bundesligamannschaft im Schnitt pro Saison einen Etat von ca. 50.000 EUR. Das macht bei 16 Mannschaften einen Gesamtaufwand von ca. 800.000 EUR. Ist sie diese Summe wert? Welche Rolle spielen die Fixkosten, die bei etwa 35 % liegen?
Das ist sie locker wert. Schließlich spielen die besten Spieler der Welt dort. Und man muss einmal die Verhältnisse sehen. Den Gesamtetat der Liga verdient mancher Zweitliga-Fußballer in einer Saison. Die Fixkosten sind notwendig, weil ein Reiz der Liga darin besteht, dass man reist und sie eine Saison lang stattfindet. Natürlich könnte man Geld sparen, wenn man nur in München und in Hamburg spielt und der Rest der Vereine dann reisen muss und dann gleich mehrere Kämpfe hintereinander austrägt. Aber das wäre ziemlich langweilig.

Die einteilige deutsche Bundesliga hat seit ihrer Gründung das gleiche Format: 16 Mannschaften spielen jeder-gegen-jeder, der erste gewinnt, die letzten vier steigen ab. Organisiert wird die BL vom DSB, das notwendige Geld geben Sponsoren oder die Vereine, die auch für die Vermarktung und Präsentation der Liga zuständig sind. Zeit für einen Wechsel der Organisationsform?
Der Status Quo ist das beste. Man muss über einen regelmäßigen Zeitraum spielen, da die Bundesliga sonst nicht mehr ist als irgendein Turnier.

Was sind Ihre Zukunftsvisionen für die BL?
Eine größere Aufmerksamkeit für das Schach allgemein.

Häufig hört man, dass zu viele Ausländer in der BL spielen. Dadurch ginge die Bindung der Durchschnittsspieler an die Vereine verloren und zudem würde der Nachwuchs der Chance beraubt, sich in der BL zu profilieren. Das deutsche Schach profitiere immer weniger von der BL. Besteht die Notwendigkeit, die Ausländerregelung in der BL zu ändern?
Das kommt auf die Intention an, die man mit der Bundesliga verfolgt. Wenn man möchte, dass die Bundesliga Spitzensport bietet, dann braucht man Stars, wie Porz, Baden-Oos oder Lübeck; wenn man Amateursport möchte, ist das natürlich anders. Das ist eine Frage der Definition. Man kann eben die 1. Liga auch als Zugpferd begreifen, als eine Institution mit Sogwirkung, die dem Schach und den Vereinen insgesamt zugute kommt. D.h. es gibt die Profiliga der ersten Liga und dann gibt es darunter die Amateurliga die 2. Bundesligen. Man sieht das sehr schön beim Motorsport: durch die Erfolge der Schumi-Brüder gab es eine regelrechte Explosion beim Kart-Fahren und sehr viel mehr kleinere Rennklassen haben sich etabliert. Dass die Leute, die dort fahren, niemals ein Michael oder Ralf Schumacher werden, ändert nichts an der Sogwirkung dieser Stars.
Durch die 1. Liga ist das Vereinsniveau insgesamt gehoben worden – wir z.B. haben viele neue Mitglieder gewinnen können. Alle Mannschaften nach der Profimannschaft sind eine Klasse nach oben aufgestiegen.
Und wenn man den Ausländeranteil begrenzt, verlagert sich das Problem nur: die besten deutschen Spieler müssten auch gekauft werden – nur will niemand sehen, wie zwei Spieler mit ELO 2300 gegeneinander spielen, wenn er stattdessen verfolgen kann, wie die Spitze gegeneinander kämpft. Und direkte Berufsförderung für deutsche Schachspieler ist ebenso wie die Nachwuchsförderung keine Aufgabe der Bundesliga.

Sollten feste Jugendbretter für jedes Team vorgesehen werden und was halten Sie von der neu eingeführten Möglichkeit, Jugendbretter zu melden?
Ich glaube, nur ein verschwindend geringer Anteil der Jugendlichen wird es schaffen, sich in der Bundesliga zu etablieren. Feste Jugendbretter halte ich für keine gute Idee.

Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie die Spieler Ihre Mannschaft aus? Spielt Teamgeist in der BL eine Rolle?
Bei uns auf jeden Fall. Bei Neuverpflichtungen entscheidet auch die Mannschaft darüber, welche Spieler gefragt werden, ob sie nicht in der nächsten Saison spielen wollen. Ohnehin kennen sich viele Spieler gut untereinander. Schirow und Agdestein z.B. fahren einmal im Jahr gemeinsam in den Skiurlaub, Nunn und Speelman sind ebenso miteinander befreundet wie Adams und Hodgson. Sie kennen sich und freuen sich dann immer auf ein nettes Bundesligawochenende mit Freunden. Viele Spieler spielen auch in anderen Vereinen zusammen.
Und das macht viel aus. Einmal z.B. spielte Nick de Firmian als letzter in einem wichtigen Kampf. Er stand mit 2 Minusbauern auf Verlust. Die anderen Spieler sind dann nicht etwa abgereist, sondern sind bis zum Schluss am Brett von de Firmian geblieben und haben gewartet, wie es ausgeht. Vielleicht hat das dazu beigetragen, dass Nick doch noch gewonnen hat und wir Meister geworden sind.
Manchmal machen wir vor den Kämpfen noch gemeinsame Spaziergänge am Meer und bei den meisten Kämpfen sind die Frauen oder Freundinnender Spieler dabei. In Hamburg gehen die Damen dann gemeinsam einkaufen, während die Herren Schach spielen.

Oft werden die geringen Zuschauerzahlen und die mangelnde Medienpräsenz der BL beklagt. Die BL betreibe zu wenig Marketing. Hätten Sie Vorschläge zur Verbesserung der Präsentation der BL?
Das Internetportal, das in der kommenden Saison bei ChessBase eingerichtet wird, ist sicher ein guter Schritt. Aber trotzdem wird Schach zu wenig in der Presse behandelt. Es besteht kein Bewusstsein dafür, wie viele Leute sich in Deutschland für Schach interessieren. Schließlich kennt jeder 4. oder 5. Deutsche die Regeln. Natürlich wird über Schach nie so berichtet werden wie über Fußball, aber Reiten füllt Stunden im Fernsehprogramm aus, obwohl ich nicht glaube, dass das so viele Leute interessiert. Warum also nicht auch Schach? Stars wie Schirow locken natürlich ein Publikum an: er ist kontrovers, sagt seine Meinung, aber er ist natürlich auch brillant. Das wollen die Leute sehen. Kurzum: die Bundesliga hat zu wenig Öffentlichkeit, aber das liegt nicht nur an den Vereinen.

Winfried M. Klimek, der Vorstandvorsitzende der galaxis technology ag, traut der BL mit einer ansprechenden Technik und dem entsprechenden Marketing via Internet pro Kampf Zuschauerzahlen von 400.000 zu. Wie sehen Sie das?
Recht hoch. Bei den Internetübertragungen unserer Kämpfe in der vergangenen Saison kamen bis zu 8000 verschiedene Besucher; allerdings waren die auch dürftig angekündigt. Andererseits: wenn man sich die Besuchszahlen großer Turniere wie Wijk aan Zee anguckt, besteht durchaus Hoffnung. Ein Problem dabei ist natürlich die Spielzeit der Bundesliga, bzw. dass die Bundesliga dann spielt, wenn alle anderen Ligen und Vereine auch spielen. Potenzielle Zuschauer im Internet und bei den Vereinen spielen selber und können nicht zu den Kämpfen kommen. Das sollte man vielleicht ändern.

In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die BL werde zunehmend seelenlos, die Bindung der Fans und Spieler an die Vereine gehe verloren. Wie sehen Sie das?
Bei uns sehe ich die Gefahr nicht. Bei Lübeck funktioniert die Bindung der Spieler gut durch das traditionelle Blitzturnier am Freitagabend vor den BL-Kämpfen. Die Spieler der ersten Mannschaft sind angehalten mitspielen. Jeder zahlt 3 Euro Startgeld – auch die Spitzenspieler. Der Sieger erhält dann die Hälfte des Preisfonds. Das ist für viele Vereinsmitglieder attraktiv. Sie spielen selbst oder sie gucken zu, wie ein gemischtes Feld aus Spitzengroßmeistern und Amateuren blitzt. Und die Großmeister sind sehr zugänglich. Sie beantworten Fragen und analysieren gelegentlich auch mit den Spielern. Man redet miteinander – nicht nur über Schach.
Ohnehin interessieren sich die Spieler der ersten Mannschaften für den Verein. John Nunn z.B. fragt regelmäßig nach Ergebnissen der unteren Mannschaften oder schaut sich Partien dieser Spieler an und gibt Tipps.

Ihr schönstes BL-Erlebnis?
Das war der Sieg gegen Porz 2000/2001 in Hamburg in unserer 2. Saison. Das war der Entscheidungskampf. Schirow und Nunn standen schlechter, aber hielten doch noch Remis. Wir spielten in den Gebäuden der Hanse-Merkur beim HSK und es herrschte eine großartige Atmosphäre. Durch diesen Kampf konnten wir Meister werden.

Und das „schlimmste“?
Kann ich nicht sagen.

Die drei herausragendsten BL-Spieler?
Ich bin erst seit drei Jahren dabei und kann das schlecht sagen. John Nunn war aber immer einer der beeindruckendsten Spieler für mich. Ich kenne ihn, seit ich Schach spiele und er hat auch immer in der Bundesliga gespielt.

Und noch ein Tipp für die kommende Saison: Wer gewinnt dieses Jahr?
Wir natürlich. Der Hattrick wäre schön.

Und wer steigt ab?
Forchheim, Godesberg, Erfurt und Plauen.

Was sind Ihre eigenen Ziele und Erwartungen?
Das Maximum erreichen. Alles andere wäre bei einer solchen Mannschaft, wie wir sie haben, geheuchelt.