EDITORIAL

LIEBE KARL-LESER,

mit der Ausgabe 2/2016 feierte KARL sein 15-jähriges Jubiläum. Ein Jahrestag und ein geeigneter Anlass, einen Blick zurückzuwerfen, Vergangenes zu bewerten und festzustellen, was sich verändert hat. Warum also nicht ein Heft über einen Zeitraum, der bereits ein halbes Jahrhundert zurückliegt: 1966. Es war ein an Schach reiches Jahr, prall gefüllt mit Topereignissen, Neuheiten und Rekorden. Blättert man durch die damaligen Schachmagazine, ist man erstaunt, wie viele Themen die Schachgemeinde damals umtrieben, die bis heute Aktualität besitzen:

• die Angst davor, ein allwissender Computer könne in naher Zukunft das Spiel zerstören
• ein neuer Modus zur Ermittlung des WM-Herausforderers
• die Befürchtung, ein Legionärsteam könne Deutscher Meister werden

Das wichtigste Ereignis 1966 war der WM-Kampf, bei dem Petrosjan den höher eingeschätzten Herausforderer Spasski in die Schranken wies und einige denkwürdige Partien spielte. Mihail Marin analysiert diesen wenig beachteten Wettkampf.

Zweifellos war auch die Olympiade in Havanna vor 50 Jahren eine unvergessliche Veranstaltung. Der junge Staat um Revolutionär Fidel Castro setzte das gesamte Land in Bewegung, um eine einzigartige und bis heute vorbildliche Schacholympiade auf die Beine zu stellen. Daneben boten der Boykott der Bundesrepublik, eine Verletzung Tals und ein fast geplatztes Match zwischen den USA und der UdSSR aufregende Nebenschauplätze.

Mit der zweiten Ausgabe des Piatigorsky-Cups fand im kalifornischen Santa Monica eines der stärksten Turniere der sechziger Jahre statt. Michael Ehn erzählt die Geschichte der Mäzene und skizziert den spannenden Turnierverlauf.

Vor fünfzig Jahren schlug auch die Geburtsstunde des Informators, der ganz neue Möglichkeiten der Wissensbeschaffung bot. In einer Zeit, in der es lediglich eine spärliche Anzahl an Schachpublikationen gab, war dieses neue Medium bald für jeden Turnierspieler unentbehrlich. Johannes Fischer berichtet über die Einführung einer universellen Sprache, Neuerungen und eine Wissensdemokratisierung.

Unser Porträt stellt mit Hans Ellinger einen Mann vor, der das Schachspiel aus vielen Perspektiven kennt. Der Tübinger war als Spieler, Verbandspräsident, Sammler und als Publizist tätig. Und Gerald Hertneck erinnert sich in seiner Kolumne an das Uhrensimultan der deutschen Nationalmannschaft gegen Kasparow in Baden-Baden, das nun auch schon 24 Jahre zurückliegt.

Harry Schaack

In eigener Sache: Unsere Winterausgabe wird sich mit dem WM-Match zwischen Carlsen und Karjakin beschäftigen. Da dieser Wettkampf voraussichtlich erst Anfang Dezember endet, wird unser Heft wahrscheinlich einige Tage später als üblich erscheinen.